Cashpooling

Hinweise zum kommunalen Cashpooling in Niedersachsen

Rundschreiben des Niedersächsisches Ministeriums für Inneres und Sport, Az.: 33.12-10301 02 vom 12.05.2023

Im Hinblick auf die Sicherstellung eines einheitlichen Verständnisses und einer einheitlichen Nutzung von kommunalem Cashpooling sowie der Abgrenzung zu anderen Geschäftsvorgängen der Liquiditätsversorgung ergehen folgende Hinweise:

1. Allgemeines

Cashpooling bedeutet, dass die Kommune und ihre Unternehmen und Einrichtungen einschließlich Beteiligungen nach § 136 und § 137 des Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetzes (NKomVG) unter Berücksichtigung des Konzernprivilegs nach § 2 Absatz 1 Nummer 7 des Kreditwesengesetzes (KWG) die jeweils zur Verfügung stehende Liquidität auf einem gemeinsamen Konto zusammenführen, auf das von den beteiligten Einheiten bei Bedarf zurückgegriffen werden kann.

Gemäß § 110 Absatz 2 NKomVG ist die Haushaltswirtschaft der Kommune sparsam und wirtschaftlich zu führen. Mit der Nutzung des Instruments Cashpooling können die notwendigen Liquiditätskreditaufnahmen zur Geldversorgung der Beteiligten insgesamt minimiert werden, was insbesondere dem Grundsatz der Sparsamkeit Rechnung trägt. Bei der Einrichtung und Nutzung eines Cashpoolings ist gleichermaßen darauf zu achten, dass die Wirtschaftlichkeit unter Berücksichtigung der örtlichen Gesamtumstände gegeben ist.

Die den Cashpool verwaltende Einheit wird „Cashpool-Führer“, die teilnehmenden Einheiten „Cashpool-Einheiten“ genannt. Der Cashpool-Führer kann gleichzeitig auch als Cashpool-Einheit am Cashpooling teilnehmen.

Kommunen dürfen Liquiditätskredite gem. § 122 Absatz 1 NKomVG zur rechtzeitigen Leistung ihrer Auszahlungen bis zu dem in der Haushaltssatzung festgesetzten Höchstbetrag aufnehmen, soweit der Kasse keine anderen Mittel zur Verfügung stehen. § 122 NKomVG ist auf Sondervermögen nach § 130 Absatz 1 Nr. 3 und 4 NKomVG entsprechend anzuwenden. Sofern die Kommune oder das betreffende Sondervermögen die Kredite zur Liquiditätssicherung nicht im Umfang des in der Haushaltssatzung festgesetzten Höchstbetrages für eigene Zwecke benötigt, darf sie daher nicht in Höhe des vorhandenen Differenzbetrages weitere Liquiditätskredite aufnehmen, um gezielt die Geldversorgung der am Cashpool Beteiligten sicherzustellen.

Die Kommune darf auch keine Investitionskredite zu dem Zweck aufnehmen, sie dem Cashpool zuzuführen. Diese Finanzmittel dürfen von der Kommune gem. § 120 Abs. 1 i. V. m. § 111 Abs. 6 NKomVG nur bedarfsgerecht für investive Auszahlungen aufgenommen werden.

Die Einrichtung eines Cashpools entspricht unter Einhaltung der hier genannten Voraussetzungen § 30 der Verordnung über die Aufstellung und Ausführung des Haushaltsplans sowie die Abwicklung der Kassengeschäfte (Kommunen Kommunalhaushalts- und Kassenverordnung – KomHKVO), nach der die liquiden Mittel der Kommune, die nach der Liquiditätsplanung nicht sofort benötigt werden, sicher und ertragsorientiert angelegt werden sollen.

Werden Dritte beauftragt, die Kommune bei der Verwaltung des Cashpools fachlich zu beraten oder zu unterstützen, ist die Kommune verpflichtet, eine wirksame Kontrolle gegenüber den Dritten sicherzustellen. Sie hat in jedem Fall zu gewährleisten, dass insbesondere die ihr gesetzlich zugewiesenen Aufgaben in ihrer Verfügungs- und Entscheidungsbefugnis verbleiben.

2. Hinweise zum Cashpooling

2.1 Beteiligte am Cashpool

Am Cashpooling können der Kernhaushalt der Kommune sowie Unternehmen und Einrichtungen gem. §§ 136 und 137 NKomVG einschließlich Beteiligungen teilnehmen. Einbezogen werden können Eigenbetriebe, Eigengesellschaften, kommunale Anstalten des öffentlichen Rechts und Beteiligungen bis zur Enkelebene gem. § 137 Ansatz 2 NKomVG (siehe dazu auch Nr. 2.2). Einrichtungen nach § 136 Abs. 3 NKomVG sind hierfür nur dann relevant, wenn sie nach dem dortigen Absatz 4 als Eigenbetrieb, kommunale Anstalt des öffentlichen Rechts oder in privater Rechtsform geführt werden oder wenn sie nach § 139 Abs. 1 NKomVG wirtschaftlich selbstständig geführt werden und für die eine Sonderkasse nach § 132 NKomVG eingerichtet ist.

Bei der Einbeziehung von rechtlich selbstständig geführten Unternehmen und Einrichtungen sind die rechtlichen Vorgaben des KWG zu beachten. Zwecks Vermeidung eines erlaubnispflichtigen Bankgeschäfts nach § 32 KWG ist zwingend das Konzernprivileg nach § 2 Abs. 1 Nr. 7 KWG einzuhalten. Dafür ist es erforderlich, dass die Kommune eine Allein- oder Mehrheitsgesellschafterstellung bei den in den Cashpool einbezogenen Unternehmen/ Einrichtungen hat. Bei der Beurteilung, ob eine solche Vorgabe eingehalten ist, kommt es laut rechtlicher Auslegung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) nicht allein auf die von der Kommune gehaltenen Kapitalanteile oder die ihr zustehenden Stimmrechte an. Ausschlaggebend ist das Vorliegen eines beherrschenden Einflusses der Kommune auf die betreffenden kommunalen Unternehmen/ Einrichtungen. In Betracht kommen laut BaFin beispielsweise Fälle, in denen

  • das Mutterunternehmen die Mehrheit der Anteile an dem Tochterunternehmen hält,
  • ihm die Mehrheit der Stimmrechte der Gesellschafter zustehen,
  • es das Recht hat, die Mehrheit der Mitglieder des Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans zu bestellen oder abzuberufen, wenn es gleichzeitig Gesellschafter des Tochterunternehmens ist, oder
  • Mutter- und Tochterunternehmen einen entsprechenden Beherrschungsvertrag abgeschlossen haben.

Näheres ist dem Merkblatt „Hinweise zur Bereichsausnahme des sog. Konzernprivilegs“ der BaFin zu entnehmen. Eine diesbezügliche Prüfung ist in eigener Zuständigkeit unbedingt vorzunehmen:

https://www.bafin.de/SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/Merkblatt/mb_110816_ausnahme_konzernprivileg.html;jsessionid=86AF43B41BE5538052D67A15C63D4FFF.2_cid501

Bei Berücksichtigung der dortigen Vorgaben wird auch das kommunalrechtliche Verbot aus § 136 Abs. 6 NKomVG nicht tangiert, wonach die Kommune außerhalb des Sparkassenwesens kein Bankunternehmen errichten, übernehmen oder betreiben darf.

2.2 Vereinbarungserfordernis, Risikoverteilung, Verantwortlichkeiten

Für die Durchführung des Cashpools bedarf es einer besonderen Vereinbarung zwischen den Beteiligten. Diese Vereinbarung muss eindeutig und umfassend die Rechtsverhältnisse, die Zins- und Abrechnungsmodalitäten der Geldgeschäfte, auch vor dem Hintergrund der EU-beihilferechtlichen Regelungen, und die Übernahme von Verantwortlichkeiten regeln. Die jeweiligen Verbindlichkeiten und Forderungen müssen den Beteiligten eindeutig zuzuordnen sein. Die Führung eines allein hierfür einzurichtenden Verrechnungskontos durch den Cashpool-Führer ist deshalb unabdingbar. Zudem ist auch zu vereinbaren, wie eine Inanspruchnahme des Cashpool-Bestandes erfolgt, wenn dieser nicht den Bedarf aller Cashpool-Einheiten deckt und wie gewährleistet wird, dass die ausgeliehenen liquiden Mittel rechtzeitig im benötigten Umfang zur Sicherstellung der Liquidität der Kommune wieder zur Verfügung stehen.

Wenn Unternehmen und Einrichtungen einschließlich Beteiligungen nach § 136 und § 137 NKomVG der Kommune in das Cashpooling einbezogen werden, ist die finanzwirtschaftliche Verantwortung für den Verbund nicht alleine von der Kommune (Kernverwaltung) zu tragen. Eine Risikoverlagerung zulasten der Kommune (Kernverwaltung) darf deshalb nicht stattfinden. Die Risiken, die mit der Einrichtung eines Cashpools verbunden sind, müssen im Einzelnen benannt, zugeordnet, bewertet und mit den wirtschaftlichen Chancen sorgfältig abgewogen werden. Maßgeblich ist in Summe eine weitestgehende Risikominimierung für die Kommune und den kommunalen Haushalt. Daraus resultiert auch die Vorgabe, dass eine Beteiligung von Unternehmen und Einrichtungen unterhalb der Enkelebene nicht zulässig ist. Allein bis zur Enkelebene sind über § 137 Abs. 2 NKomVG explizite Voraussetzungen für die wirtschaftliche Betätigung der Kommune einschließlich entsprechender Anzeigepflichten bei der Kommunalaufsichtsbehörde auch deshalb normiert, um eben diese Risikominimierung zu gewährleisten.

Bei Unternehmen ohne eigene Rechtspersönlichkeit (Eigenbetriebe) bleiben die Regelungen des § 10 Abs. 3 Eigenbetriebsverordnung unberührt.

Die organisatorischen Verantwortlichkeiten sind von der Kommune eigenverantwortlich festzulegen und zu dokumentieren.

Die Vereinbarkeit mit dem jeweils aktuellen EU-Beihilferecht ist von der Kommune in eigener Zuständigkeit und Verantwortung zu prüfen.

2.3 Buchung und bilanzielle Darstellung

Die Kommune muss dafür Sorge tragen, dass in ihrer Finanzbuchhaltung die Finanzgeschäfte aufgrund der „Cashpool-Führung“ von den eigenen haushaltsbezogenen Geschäftsvorfällen und der Zahlungsabwicklung sachlich abgegrenzt und buchungsmäßig getrennt verarbeitet werden.

Bei der Kommune als „Cashpool-Führer“ stellen die von Dritten in den Cashpool eingebrachten Finanzmittel auch Guthaben der Kommune dar, die zum Abschlussstichtag in die kommunale Bilanz einzubeziehen sind. In gleicher Höhe bestehen zusätzlich jedoch noch Ansprüche der Dritten als Finanzmittelgeber, sodass von der Kommune entsprechende Verbindlichkeiten in der kommunalen Bilanz zu passivieren sind.

Sofern die Kommune gegenüber dem Cashpool lediglich als „Cashpool-Einheit“ auftritt, also nur Finanzmittel in einen Cashpool eingebracht oder herausgezogen hat, hat sie in der entsprechenden Höhe bilanzierungsfähige Forderungen bzw. Verbindlichkeit gegenüber dem Cashpool.

Eine Entnahme aus dem Cashpool stellt für alle Teilnehmenden, für die das kommunale Haushaltsrecht und insbesondere § 122 NKomVG Anwendung finden, eine Liquiditätskreditaufnahme dar und ist auf den Liquiditätskredithöchstbetrag nach § 122 NKomVG anzurechnen.

2.4 Abgrenzung zu anderen Geschäftsvorgängen

2.4.1 Allgemein

Die nachfolgenden rechtlich im NKomVG definierten Fälle (2.4.2) sind kein Cashpooling.

Die Kreditgewährung erfolgt in den Fällen der Nr. 2.4.2 auf der Grundlage öffentlich-rechtlicher Vorschriften, so dass dort der Anwendungsbereich des KWG nicht eröffnet und keine Erlaubnis nach § 32 KWG erforderlich ist.

2.4.2 Abgrenzungsfälle

2.4.2.1: § 98 Abs. 5 und 7 NKomVG

Nach § 98 Abs. 5 S. 1 NKomVG führen die Samtgemeinden die Kassengeschäfte der Mitgliedsgemeinden. Damit obliegt u.a. die gesamte Abwicklung des Zahlungsverkehrs (Kassengeschäfte) der Samtgemeinde. Darüber hinaus ermächtigt § 98 Abs. 5 S. 2 NKomVG die Samtgemeinde, für ihre Mitgliedsgemeinden Kredite (§ 120 Absatz 1 S. 1 NKomVG) aufzunehmen und zu bewirtschaften.

Nach § 98 Abs. 7 NKomVG regeln die Samtgemeinde und ihre Mitgliedsgemeinden eine Aufnahme und Bewirtschaftung von Krediten (§ 120 Abs. 1 Satz 1 NKomVG) durch die Samtgemeinde und die Verrechnung von Kreditzinsen sowie eine gemeinsame Bewirtschaftung ihrer Liquiditätskredite (§ 122 NKomVG) und die gegenseitige Verrechnung von Liquiditätskreditzinsen durch öffentlich-rechtliche Vereinbarung.

Die Samtgemeinden nutzen dafür die in den Haushaltssatzungen der Mitgliedsgemeinden festgesetzten und genehmigten Gesamtbeträge der Kreditaufnahmen und Höchstbeträge für die Aufnahme von Liquiditätskrediten.

Oftmals werden die Kassengeschäfte der Samtgemeinde und ihrer Mitgliedsgemeinden über ein gemeinsames Bankkonto geführt. Die liquiden Mittel werden dabei nicht in die Samtgemeindebilanz verschoben, sondern verbleiben bilanziell im Eigentum der einzelnen Gemeinden. Ein Liquiditätsverbund im Sinne eines in diesem Erlass definierten Cashpools zwischen Samtgemeinden und Mitgliedsgemeinden liegt nicht vor. Es handelt sich hier um ein durch § 98 Abs. 5 NKomVG rechtlich mögliches Verfahren zur gemeinsamen Kassenführung und Kreditbewirtschaftung.

2.4.2.2: § 111 Abs. 7 NKomVG

Nach § 111 Abs. 7 NKomVG können die Landkreise und die Region Hannover für ihre kreis- und regionsangehörigen Kommunen mit Ausnahme der Mitgliedsgemeinden von Samtgemeinden Kredite (§ 120 Abs. 1 Satz 1 NKomVG) und Liquiditätskredite (§ 122 NKomVG) aufnehmen und bewirtschaften. Der Landkreis und die kreisangehörige Kommune sowie die Region Hannover und die regionsangehörige Kommune regeln die Aufnahme und Bewirtschaftung von nach Satz 1 aufgenommenen Krediten und Liquiditätskrediten und die Verrechnung von Zinsen für die Kredite und Liquiditätskredite durch öffentlich-rechtliche Vereinbarung.

Die Landkreise bzw. die Region Hannover müssen die in den Haushaltssatzungen der kreisangehörigen bzw. regionsangehörigen Kommunen festgesetzten und genehmigten Gesamtbeträge der Kreditaufnahmen und Höchstbeträge für die Aufnahme von Liquiditätskrediten nutzen.

2.4.2.3: § 181 NKomVG

Im Rahmen der Experimentierklausel nach § 181 NKomVG (Konzernkreditmodell) kann über den Kernhaushalt der Kommune auf Antrag unter Zulassung von Ausnahmen nach den §§ 120 und 122 NKomVG, eine zentrale Kreditaufnahme und Bewirtschaftung sowie eine Weitergabe der Kredite an die kommunalen Konzerntöchter erfolgen.

gez.

Rosenberger