Vierter Teil (§§ 28 bis 44)

NKomVG

Vierter Teil
Einwohnerinnen und Einwohner, Bürgerinnen und Bürger

§ 28 Begriffsbestimmungen

(1) 1 Einwohnerin oder Einwohner einer Kommune ist, wer in dieser Kommune den Wohnsitz oder ständigen Aufenthalt hat. 2 Der Wohnsitz im Sinne dieses Gesetzes ist der Ort der Wohnung im Sinne des Melderechts. 3 Hat eine Person im Bundesgebiet mehrere Wohnungen, so ist ihr Wohnsitz der Ort der Hauptwohnung. 4 Weist sie jedoch nach, dass sich der Mittelpunkt ihrer Lebensbeziehungen am Ort der Nebenwohnung befindet, so ist dieser ihr Wohnsitz. 5 Hat eine Person keine Wohnung, so gilt der Ort des gewöhnlichen Aufenthalts als Wohnsitz.

(2) Bürgerinnen und Bürger einer Kommune sind die Einwohnerinnen und Einwohner, die zur Wahl der Vertretung dieser Kommune berechtigt sind.

§ 29 Ehrenbürgerrecht

(1) Eine Gemeinde kann Personen, die sich um sie besonders verdient gemacht haben, das Ehrenbürgerrecht verleihen.

(2) Die Gemeinde kann das Ehrenbürgerrecht wegen unwürdigen Verhaltens wieder entziehen.

§ 30 Benutzung öffentlicher Einrichtungen

(1) Die Einwohnerinnen und Einwohner sind im Rahmen der bestehenden Vorschriften berechtigt, die öffentlichen Einrichtungen der Kommune zu benutzen, und verpflichtet, die Gemeindelasten zu tragen.

(2) 1 Grundbesitzende und Gewerbetreibende, die ihren Wohnsitz nicht in der Kommune haben, sind in gleicher Weise berechtigt, die öffentlichen Einrichtungen zu benutzen, die in der Kommune für Grundbesitzende und Gewerbetreibende bestehen. 2 Sie sind verpflichtet, für ihren Grundbesitz oder Gewerbebetrieb im Gebiet der Kommune die Kosten für die Einrichtungen mitzutragen, soweit Rechtsvorschriften dies bestimmen.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten entsprechend für juristische Personen und Personenvereinigungen.

§ 31 Einwohnerantrag

(1) 1 Einwohnerinnen und Einwohner, die mindestens 14 Jahre alt sind und seit mindestens drei Monaten den Wohnsitz in der Kommune haben, können beantragen, dass die Vertretung bestimmte Angelegenheiten berät (Einwohnerantrag). 2 Einwohneranträge dürfen nur Angelegenheiten des eigenen Wirkungskreises der Kommune zum Gegenstand haben, für die die Vertretung nach § 58 Abs. 1 oder 2 zuständig ist oder für die sie sich die Beschlussfassung nach § 58 Abs. 3 Sätze 1 und 2 vorbehalten kann. 3 Einwohneranträge, die Angelegenheiten betreffen, zu denen bereits in den letzten zwölf Monaten ein zulässiger Einwohnerantrag gestellt worden ist, sind unzulässig.

(2) 1 Der Einwohnerantrag muss in schriftlicher Form angezeigt werden; die elektronische Form ist unzulässig. 2 Er muss ein bestimmtes Begehren mit Begründung enthalten. 3 Im Antrag sind bis zu drei Personen zu benennen, die berechtigt sind, die antragstellenden Personen zu vertreten (Vertretungsberechtigte). 4 Die Kommune erstellt unverzüglich nach der Anzeige des Einwohnerantrags eine Schätzung der Kosten für die Erfüllung des Begehrens und teilt diese den Vertretungsberechtigten unverzüglich schriftlich oder in elektronischer Form mit. 5 Die Kostenschätzung muss auch die Folgekosten der Erfüllung des Begehrens berücksichtigen. 6 Die Kostenschätzung ist von den Vertretungsberechtigten
in den Einwohnerantrag aufzunehmen. 7 Diese können zusätzlich eine abweichende eigene Kostenschätzung in
den Einwohnerantrag aufnehmen. 8 Für den Einwohnerantrag ist je nach Einwohnerzahl folgende Anzahl an Unterschriften erforderlich:

in Gemeinden und Samtgemeinden

  1. a) mit bis zu 10 000 Einwohnerinnen und Einwohnern die Unterschriften von mindestens 5 Prozent der Einwohnerinnen und Einwohner, ausreichend sind jedoch 400 Unterschriften,
  2. b) mit mehr als 10 000 bis 50 000 Einwohnerinnen und Einwohnern die Unterschriften von mindestens 4 Prozent der Einwohnerinnen und Einwohner, ausreichend sind jedoch 1 500 Unterschriften,
  3. c) mit mehr als 50 000 bis 100 000 Einwohnerinnen und Einwohnern die Unterschriften von mindestens 3 Prozent der Einwohnerinnen und Einwohner, ausreichend sind jedoch 2 500 Unterschriften,
  4. d) mit mehr als 100 000 Einwohnerinnen und Einwohnern die Unterschriften von mindestens 2,5 Prozent der Einwohnerinnen und Einwohner, ausreichend sind jedoch 8 000 Unterschriften,
  5. in Landkreisen
  1. a) mit bis zu 100 000 Einwohnerinnen und Einwohnern die Unterschriften von mindestens 3 Prozent der Einwohnerinnen und Einwohner, ausreichend sind jedoch 2 500 Unterschriften,
  2. b) mit mehr als 100 000 Einwohnerinnen und Einwohnern die Unterschriften von mindestens 2,5 Prozent der Einwohnerinnen und Einwohner, ausreichend sind jedoch 8 000 Unterschriften,
  3. in der Region Hannover die Unterschriften von mindestens 8 000 Einwohnerinnen und Einwohnern.

(3) 1 Jede Unterschriftenliste muss den vollen Wortlaut des Einwohnerantrags enthalten. 2 Ungültig sind Eintragungen, die

  1. die Person nach Name, Anschrift und Geburtsdatum nicht zweifelsfrei erkennen lassen,
  2. von Personen stammen, die nicht gemäß Absatz 1 Satz 1 antragsberechtigt oder gemäß § 48 Abs. 2 vom Wahlrecht ausgeschlossen sind.

(4) 1

1 Der Einwohnerantrag ist bei der Kommune in schriftlicher Form einzureichen; die Voraussetzungen der Absätze 1 bis 3
müssen bei Eingang erfüllt sein. 2 § 48 Abs. 1 Satz 2 und § 177 Abs. 2 und 3 gelten entsprechend.(5) 1 Über die Zulässigkeit des Einwohnerantrags entscheidet der Hauptausschuss. 2 Ist der Einwohnerantrag zulässig, so hat die Vertretung innerhalb von sechs Monaten nach Eingang des Antrags über diesen zu beraten; § 71 Abs. 1, § 76 Abs. 1 und § 85 Abs. 1 Nr. 1 bleiben unberührt. 3 Die Vertretung soll die im Antrag benannten Vertreterinnen und Vertreter der antragstellenden Personen anhören. 4 Das Ergebnis der Beratung sowie eine Entscheidung, die den Antrag für unzulässig erklärt, sind ortsüblich bekannt zu machen.

(6) 1 Wer einen Einwohnerantrag unterschreibt, hat den Anspruch, dass über diesen Antrag beraten wird, es sei denn, dass die Eintragung nach Absatz 3 ungültig ist. 2 Der Anspruch verjährt sechs Monate nach Eingang des Antrags. 3 Wird der Antrag für unzulässig erklärt, so verjährt der Anspruch drei Monate nach der Bekanntmachung dieser Entscheidung.

§ 32 Bürgerbegehren

(1) Mit einem Bürgerbegehren kann beantragt werden, dass Bürgerinnen und Bürger über eine Angelegenheit ihrer Kommune entscheiden.

(2) 1 Gegenstand eines Bürgerbegehrens können nur Angelegenheiten des eigenen Wirkungskreises der Kommune sein, für die die Vertretung nach § 58 Abs. 1 oder 2 zuständig ist oder für die sie sich die Beschlussfassung nach § 58 Abs. 3 Sätze 1 und 2 vorbehalten kann und zu denen nicht innerhalb der letzten zwei Jahre ein Bürgerentscheid durchgeführt worden ist. 2 Unzulässig ist ein Bürgerbegehren über

  1. die innere Organisation der Kommunalverwaltung,
  2. die Rechtsverhältnisse der Mitglieder der Vertretung, des Hauptausschusses, der Stadtbezirksräte, der Ortsräte und der Ausschüsse sowie der Beschäftigten der Kommune,
  3. die Haushaltssatzung, einschließlich der Haushalts- und Wirtschaftspläne der Eigenbetriebe, sowie über die kommunalen Abgaben und die privatrechtlichen Entgelte,
  4. den Jahresabschluss der Kommune und die Jahresabschlüsse der Eigenbetriebe,
  5. Angelegenheiten, die im Rahmen eines Planfeststellungsverfahrens, eines förmlichen Verwaltungsverfahrens mit Öffentlichkeitsbeteiligung oder eines abfallrechtlichen, immissionsschutzrechtlichen, wasserrechtlichen oder vergleichbaren Zulassungsverfahrens zu entscheiden sind,
  6. die Aufstellung, Änderung, Ergänzung und Aufhebung von Bauleitplänen und sonstigen Satzungen nach dem Baugesetzbuch (BauGB),
  7. Entscheidungen als Träger von Krankenhäusern oder des Rettungsdienstes,
  8. Entscheidungen über Rechtsbehelfe und Rechtsstreitigkeiten sowie
  9. Angelegenheiten, die ein gesetzwidriges Ziel verfolgen oder sittenwidrig sind.

(3) 1 Das Bürgerbegehren muss die begehrte Sachentscheidung genau bezeichnen und so formuliert sein, dass für das Begehren mit Ja und gegen das Begehren mit Nein abgestimmt werden kann. 2 Das Bürgerbegehren muss eine Begründung enthalten. 3 Im Bürgerbegehren sind bis zu drei Personen zu benennen, die berechtigt sind, die antragstellenden Personen zu vertreten (Vertretungsberechtigte). 4 Das Bürgerbegehren ist der Kommune in schriftlicher Form anzuzeigen. 5 In der Anzeige kann beantragt werden, vorab zu entscheiden, ob die Voraussetzungen nach den Sätzen 1 bis 3 und Absatz 2 vorliegen. 6 Die Hauptverwaltungsbeamtin oder der Hauptverwaltungsbeamte berät die Bürgerinnen und Bürger, die ein Bürgerbegehren einreichen wollen, auf Verlangen in rechtlichen Fragen des Bürgerbegehrens; Kosten werden nicht erhoben.

(4) 1 Die Kommune erstellt unverzüglich nach Eingang der Anzeige des Bürgerbegehrens eine Schätzung der Kosten für die Umsetzung der begehrten Sachentscheidung. 2Die Kostenschätzung muss auch die Folgekosten der Umsetzung der begehrten Sachentscheidung berücksichtigen. 3Im Fall eines Antrags auf Vorabentscheidung nach Absatz 3 Satz 5 hat der Hauptausschuss zunächst unverzüglich über diesen Antrag zu entscheiden. 4Die Entscheidung ist den Vertretungsberechtigten unverzüglich bekannt zu geben. 5Wird in der Vorabentscheidung das Vorliegen der Voraussetzungen nach Absatz 2 und Absatz 3 Sätze 1 bis 3 festgestellt, so ist anschließend unverzüglich die Kostenschätzung zu erstellen. 6Die Kommune hat die Kostenschätzung nach den Sätzen 1 und 5 den Vertretungsberechtigten unverzüglich schriftlich oder in elektronischer Form mitzuteilen. 7Die Kostenschätzung ist
von den Vertretungsberechtigten in das Bürgerbegehren aufzunehmen. 8Diese können zusätzlich eine abweichende eigene Kostenschätzung aufnehmen. 9In diesem Fall ist das ergänzte Bürgerbegehren der Kommune
erneut anzuzeigen.

(5) 1 Das Bürgerbegehren muss in Kommunen

– mit bis zu 100 000 Einwohnerinnen und Einwohnern von mindestens 10 Prozent,

– mit 100 001 bis 200 000 Einwohnerinnen und Einwohnern von mindestens 7,5 Prozent und

– mit mehr als 200 000 Einwohnerinnen und Einwohnern von mindestens 5 Prozent

der nach § 48 in der Kommune wahlberechtigten Einwohnerinnen und Einwohner unterzeichnet sein. 2 Maßgeblich ist die bei der letzten Kommunalwahl festgestellte Zahl der Wahlberechtigten. 3 Jede Unterschriftenliste muss den vollen Wortlaut des Bürgerbegehrens enthalten. 4 Für die Ungültigkeit von Unterschriften gilt § 31 Abs. 3 Satz 2 entsprechend. 5 Darüber hinaus sind Eintragungen ungültig, die das Datum der Unterzeichnung nicht angeben oder vor dem Fristbeginn nach Absatz 6 Satz 3 geleistet wurden.

(6) 1 Das Bürgerbegehren ist mit den zu seiner Unterstützung erforderlichen Unterschriften innerhalb von sechs Monaten bei der Kommune in schriftlicher Form einzureichen. 2 Die elektronische Form ist unzulässig. 3 Die Frist beginnt einen Monat nach dem Eingang der Kostenschätzung der Kommune bei den Vertretungsberechtigten. 4 Richtet sich das Bürgerbegehren gegen einen bekannt gemachten Beschluss der Vertretung, so beträgt die Frist drei Monate nach dem Tag der Bekanntmachung.

(7) 1 Der Hauptausschuss entscheidet unverzüglich über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens. 2 Wurde in der Vorabentscheidung nach Absatz 4 Satz 3 festgestellt, dass die Voraussetzungen des Absatzes 2 und des Absatzes 3 Sätze 1 bis 3 vorliegen, so entscheidet er nur noch über das Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes 4 Satz 7 und der Absätze 5 und 6. 3 Die Hauptverwaltungsbeamtin oder der Hauptverwaltungsbeamte gibt den Vertretungsberechtigten die Entscheidung unverzüglich bekannt und unterrichtet die Vertretung in der nächsten Sitzung über die Entscheidung. 4 Ist das Bürgerbegehren zulässig, so muss innerhalb von drei Monaten ein Bürgerentscheid stattfinden. 5 Die Vertretung kann den Bürgerentscheid abwenden, indem sie zuvor vollständig oder im Wesentlichen im Sinne des Bürgerbegehrens entscheidet.

(8) Ist die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens festgestellt, so darf bis zu dem Tag, an dem der Bürgerentscheid stattfindet, eine dem Begehren entgegenstehende Entscheidung nicht mehr getroffen und mit dem Vollzug einer solchen Entscheidung nicht mehr begonnen werden, es sei denn, dass die Kommune hierzu gesetzlich verpflichtet ist.

§ 33 Bürgerentscheid

(1) 1 Die Vertretung kann auf Antrag der Mehrheit ihrer Mitglieder mit einer Mehrheit von zwei Dritteln ihrer Mitglieder beschließen, dass über eine Angelegenheit des eigenen Wirkungskreises der Kommune innerhalb von drei Monaten durch Bürgerentscheid entschieden wird. 2 Der Beschluss ist auch zulässig, wenn eine einem zugelassenen Bürgerbegehren entgegenstehende Entscheidung begehrt wird. 3 § 32 Abs. 2 gilt entsprechend. 4 Der Stimmzettel muss eine § 32 Abs. 3 Satz 1 entsprechende Bezeichnung der begehrten Sachentscheidung, eine Begründung und eine § 32 Abs. 4 Sätze 1 und 2 entsprechende Kostenschätzung enthalten.

(2) 1 Der Bürgerentscheid findet an einem Sonntag in der Zeit von 8.00 Uhr bis 18.00 Uhr statt. 2 Ein Bürgerentscheid darf nicht an dem Tag stattfinden, an dem Abgeordnete der Vertretung oder die Hauptverwaltungsbeamtin oder der Hauptverwaltungsbeamte gewählt werden.

(3) 1 Die Abstimmungsberechtigten sind rechtzeitig vor dem Bürgerentscheid schriftlich zu benachrichtigen. 2 Die Abstimmung in Briefform ist zu ermöglichen. 3 Die Abstimmung soll in den Räumen stattfinden, die bei der letzten Kommunalwahl als Wahlräume bestimmt worden sind.

(4) 1 Bei dem Bürgerentscheid darf nur mit Ja oder Nein abgestimmt werden. 2 Die Abstimmenden geben ihre Entscheidung durch ein Kreuz oder in sonstiger Weise zweifelsfrei auf dem Stimmzettel zu erkennen. 3 Der Bürgerentscheid ist verbindlich, wenn die Mehrheit der gültigen Stimmen auf Ja lautet und diese Mehrheit mindestens 20 Prozent der nach § 48 Wahlberechtigten beträgt; § 32 Abs. 5 Satz 2 gilt entsprechend. 4 Bei Stimmengleichheit ist das Bürgerbegehren abgelehnt.

„(5) 1 Sind mehrere Bürgerentscheide durchzuführen, die im Fall ihres Erfolgs nicht nebeneinander umgesetzt werden können, so finden die Bürgerentscheide am selben Tag statt. 2 Die Frist nach § 32 Abs. 7 Satz 4 beginnt mit der spätesten Zulässigkeitsentscheidung des Hauptausschusses, im Fall des Absatzes 1 mit dem Beschluss der Vertretung. 3 Erfüllen
mehrere dieser Bürgerentscheide die Voraussetzungen nach Absatz 4 Satz 3, so ist nur der Bürgerentscheid verbindlich, bei dem die meisten gültigen Ja-Stimmen abgegeben wurden. 4 Ist die Zahl der gültigen Ja-Stimmen bei mehreren Bürgerentscheiden gleich, so ist der Bürgerentscheid verbindlich, bei dem die wenigsten gültigen Nein-Stimmen abgegeben wurden. 5 Ist auch die Zahl der Nein-Stimmen gleich, so liegt ein verbindlicher Bürgerentscheid nicht vor.

(6) 1 Ein verbindlicher Bürgerentscheid steht einem Beschluss der Vertretung gleich. 2 Vor Ablauf von zwei Jahren kann der Bürgerentscheid nur auf Veranlassung der Vertretung durch einen neuen Bürgerentscheid abgeändert oder aufgehoben werden.

§ 34 Anregungen, Beschwerden

1 Jede Person hat das Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen schriftlich mit Anregungen und Beschwerden in Angelegenheiten der Kommune an die Vertretung zu wenden. 2 Die Zuständigkeiten des Hauptausschusses, der Ausschüsse der Vertretung, Stadtbezirksräte und Ortsräte und der Hauptverwaltungsbeamtin oder des Hauptverwaltungsbeamten werden hierdurch nicht berührt. 3 Die Vertretung kann dem Hauptausschuss die Prüfung von Anregungen und die Erledigung von Beschwerden übertragen. 4 Die Antragstellerin oder der Antragsteller ist darüber zu informieren, wie die Anregung oder die Beschwerde behandelt wurde. 5 Einzelheiten regelt die Hauptsatzung.

§ 35 Einwohnerbefragung

1 Die Vertretung kann in Angelegenheiten der Kommune eine Befragung der Einwohnerinnen und Einwohner, die mindestens 14 Jahre alt sind und seit mindestens drei Monaten den Wohnsitz in der Kommune haben, beschließen. 2 Satz 1 gilt nicht in Angelegenheiten einzelner Mitglieder der Vertretung, des Hauptausschusses, der Stadtbezirksräte, der Ortsräte und der Ausschüsse sowie der Beschäftigten der Kommune.

§ 36 Beteiligung von Kindern und Jugendlichen

1 Gemeinden und Samtgemeinden sollen Kinder und Jugendliche bei Planungen und Vorhaben, die deren Interessen berühren, in angemessener Weise beteiligen. 2 Die Befragung kann auf einen Teil des Personenkreises nach Satz 1 beschränkt werden. 3 Hierzu sollen die Gemeinden und Samtgemeinden über die in diesem Gesetz vorgesehene Beteiligung der Einwohnerinnen und Einwohner hinaus geeignete Verfahren entwickeln und durchführen.

§ 37 Hilfe bei Verwaltungsangelegenheiten

(1) Die Gemeinden sind ihren Einwohnerinnen und Einwohnern in den Grenzen ihrer Verwaltungskraft dabei behilflich, Verwaltungsverfahren einzuleiten, auch wenn sie für deren Durchführung nicht zuständig sind.

(2) Die Gemeinden haben Vordrucke für Anträge, Anzeigen und Meldungen bereitzuhalten, die ihnen von anderen Behörden überlassen werden.

(3) 1 Die Gemeinden haben Anträge, die beim Landkreis, der Region Hannover oder bei einer Landesbehörde einzureichen sind, entgegenzunehmen und unverzüglich an die zuständige Behörde weiterzuleiten. 2 Die bei der Gemeinde eingereichten Anträge gelten als bei der zuständigen Behörde gestellt, soweit Bundesrecht dem nicht entgegensteht. 3 Rechtsbehelfe sind keine Anträge im Sinne dieses Gesetzes.

§ 38 Ehrenamtliche Tätigkeit

(1) Ehrenamtliche Tätigkeit ist eine wesentliche Grundlage der kommunalen Selbstverwaltung.

(2) 1 Die Bürgerinnen und Bürger sind verpflichtet, Ehrenämter und sonstige ehrenamtliche Tätigkeiten für die Kommune zu übernehmen und auszuüben. 2 Das Ehrenamt der Ortsvorsteherin oder des Ortsvorstehers und der Gleichstellungsbeauftragten kann von der Kommune nur mit Einverständnis der jeweiligen Person übertragen werden. 3 Anderen Personen als Bürgerinnen und Bürgern kann die Kommune Ehrenämter und sonstige ehrenamtliche Tätigkeiten ebenfalls nur mit deren Einverständnis übertragen.

(3) Die Kommune kann die Übertragung einer ehrenamtlichen Tätigkeit jederzeit aufheben; eine Übertragung auf Zeit kann ohne Zustimmung des ehrenamtlich Tätigen nur aufgehoben werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt.

§ 39 Verhinderung

(1) 1 Die Übernahme einer ehrenamtlichen Tätigkeit kann abgelehnt und die Aufhebung der Übertragung verlangt werden, wenn der Bürgerin oder dem Bürger die Tätigkeit wegen des Alters, des Gesundheitszustandes, der Berufs- oder Familienverhältnisse oder wegen eines sonstigen persönlichen Umstandes nicht zugemutet werden kann.

(2) 1 Wer ohne einen Grund nach Absatz 1 die Übernahme einer ehrenamtlichen Tätigkeit ablehnt oder ihre Ausübung verweigert, handelt ordnungswidrig. 2 Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße geahndet werden. 3 Zuständige Behörde nach § 36 Abs. 1 Nr. 1 OWiG ist die Kommune. 4 Der Hauptausschuss, bei Abgeordneten die Vertretung, entscheidet, ob eine Ordnungswidrigkeit verfolgt und geahndet wird. 5 Im Übrigen trifft die Hauptverwaltungsbeamtin oder der Hauptverwaltungsbeamte die erforderlichen Maßnahmen.

§ 40 Amtsverschwiegenheit

(1) 1 Ehrenamtlich Tätige haben über Angelegenheiten, deren Geheimhaltung durch Gesetz oder dienstliche Anordnung vorgeschrieben oder der Natur der Sache nach erforderlich ist, Verschwiegenheit zu wahren; dies gilt auch nach Beendigung ihrer Tätigkeit. 2 Von dieser Verpflichtung werden ehrenamtlich Tätige auch nicht durch persönliche Bindungen befreit. 3 Sie dürfen die Kenntnis von Angelegenheiten, über die sie verschwiegen zu sein haben, nicht unbefugt verwerten. 4 Sie dürfen ohne Genehmigung über solche Angelegenheiten weder vor Gericht noch außergerichtlich aussagen oder Erklärungen abgeben. 5 Die Genehmigung wird für ihre Mitglieder von der Vertretung erteilt. 6 Bei den übrigen ehrenamtlich Tätigen erteilt der Hauptausschuss die Genehmigung; er kann diese Zuständigkeit auf die Hauptverwaltungsbeamtin oder den Hauptverwaltungsbeamten übertragen.

(2) Wer die Pflichten nach Absatz 1 vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt, handelt ordnungswidrig, wenn die Tat nicht nach § 203 Abs. 2 oder nach § 353 b des Strafgesetzbuchs (StGB) bestraft werden kann; § 39 Abs. 2 Sätze 2 bis 4 gilt entsprechend.

§ 41 Mitwirkungsverbot

(1) 1 Ehrenamtlich Tätige dürfen in Angelegenheiten der Kommunen nicht beratend oder entscheidend mitwirken, wenn die Entscheidung einen unmittelbaren Vorteil oder Nachteil für folgende Personen bringen kann:

  1. sie selbst,
  2. ihre Ehegattin, ihren Ehegatten, ihre Lebenspartnerin oder ihren Lebenspartner im Sinne des Lebenspartnerschaftsgesetzes,
  3. ihre Verwandten bis zum dritten oder ihre Verschwägerten bis zum zweiten Grad während des Bestehens der Ehe oder der Lebenspartnerschaft im Sinne des Lebenspartnerschaftsgesetzes oder
  4. eine von ihnen kraft Gesetzes oder Vollmacht vertretene Person.

2 Als unmittelbar gilt nur derjenige Vorteil oder Nachteil, der sich aus der Entscheidung selbst ergibt, ohne dass, abgesehen von der Ausführung von Beschlüssen nach § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, weitere Ereignisse eintreten oder Maßnahmen getroffen werden müssen. 3 Satz 1 gilt nicht, wenn die ehrenamtlich Tätigen an der Entscheidung der Angelegenheit lediglich als Angehörige einer Berufs- oder Bevölkerungsgruppe beteiligt sind, deren gemeinsame Interessen durch die Angelegenheit berührt werden.

(2) Das Verbot des Absatzes 1 Sätze 1 und 2 gilt auch für ehrenamtlich Tätige, die gegen Entgelt bei einer natürlichen oder juristischen Person des öffentlichen oder privaten Rechts oder einer Vereinigung beschäftigt sind, wenn die Entscheidung diesen Dritten einen unmittelbaren Vorteil oder Nachteil bringen kann.

(3) Das Verbot des Absatzes 1 Sätze 1 und 2 gilt nicht für

  1. die Beratung und Entscheidung über Rechtsnormen,
  2. Beschlüsse, welche die Besetzung unbesoldeter Stellen oder die Abberufung aus ihnen betreffen,
  3. Wahlen,
  4. ehrenamtlich Tätige, die dem Vertretungsorgan einer juristischen Person als Vertreterin oder Vertreter der Kommune angehören.

(4) 1 Wer annehmen muss, nach den Vorschriften der Absätze 1 und 2 an der Beratung und Entscheidung gehindert zu sein, hat dies vorher mitzuteilen. 2 Ob ein Mitwirkungsverbot besteht, entscheidet die Stelle, in der oder für welche die ehrenamtliche Tätigkeit ausgeübt wird. 3 Wird über eine Rechtsnorm beraten oder entschieden (Absatz 3 Nr. 1), so hat die ehrenamtlich tätige Person vorher mitzuteilen, wenn sie oder eine der in Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 2 genannten Personen ein besonderes persönliches oder wirtschaftliches Interesse am Erlass oder Nichterlass der Rechtsnorm hat.

(5) 1 Wer nach den Vorschriften der Absätze 1 und 2 gehindert ist, an der Beratung und Entscheidung einer Angelegenheit mitzuwirken, hat den Beratungsraum zu verlassen. 2 Bei einer öffentlichen Sitzung ist diese Person berechtigt, sich in dem für Zuhörerinnen und Zuhörer bestimmten Teil des Beratungsraumes aufzuhalten.

(6) 1 Ein Beschluss, der unter Verletzung der Vorschriften der Absätze 1 und 2 gefasst worden ist, ist unwirksam, wenn die Mitwirkung für das Abstimmungsergebnis entscheidend war. 2 § 10 Abs. 2 Satz 1 gilt jedoch entsprechend. 3 Wenn eine öffentliche Bekanntmachung des Beschlusses nicht erforderlich ist, beginnt die Frist nach § 10 Abs. 2 Satz 1 mit dem Tag der Beschlussfassung.

§ 42 Vertretungsverbot

(1) 1 Ehrenbeamtinnen und Ehrenbeamte dürfen Dritte nicht vertreten, wenn diese ihre Ansprüche und Interessen gegenüber der Kommune geltend machen; hiervon ausgenommen sind Fälle der gesetzlichen Vertretung. 2 Für andere ehrenamtlich Tätige gilt das Vertretungsverbot des Satzes 1, wenn die Vertretung mit den Aufgaben ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit im Zusammenhang stehen würde.

(2) Feststellungen über das Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes 1 trifft die Vertretung.

§ 43 Pflichtenbelehrung

1 Ehrenamtlich Tätige sind durch die Hauptverwaltungsbeamtin oder den Hauptverwaltungsbeamten vor Aufnahme ihrer Tätigkeit auf ihre Pflichten nach den §§ 40 bis 42 hinzuweisen. 2 Der Hinweis ist aktenkundig zu machen.

§ 44 Entschädigung

(1) 1 Wer ehrenamtlich tätig ist, hat Anspruch auf Ersatz seiner Auslagen, einschließlich der Aufwendungen für eine Kinderbetreuung, und seines nachgewiesenen Verdienstausfalls. 2 Bei Personen, die keinen Anspruch auf Verdienstausfall geltend machen können, kann die Entschädigung auch einen angemessenen Pauschalstundensatz als Ausgleich von besonderen Nachteilen im Bereich der Haushaltsführung oder im sonstigen beruflichen Bereich beinhalten, die durch die ehrenamtliche Tätigkeit entstehen. 3 Einzelheiten sind durch Satzung zu regeln. 4 In der Satzung sind die Ansprüche auf Höchstbeträge zu begrenzen.

(2) 1 Ehrenamtlich Tätigen können angemessene Aufwandsentschädigungen nach Maßgabe einer Satzung gewährt werden. 2 Wird eine Aufwandsentschädigung gewährt, so besteht daneben kein Anspruch auf Ersatz der Auslagen, des Verdienstausfalls und des Pauschalstundensatzes; in der Satzung können für Fälle außergewöhnlicher Belastungen und für bestimmte Tätigkeiten, deren Ausmaß nicht voraussehbar ist, Ausnahmen zugelassen werden.

(3) Die Ansprüche nach dieser Vorschrift sind nicht übertragbar.