Pflicht zur Erhebung von Straßen(ausbau)beiträgen

Der hessische Verwaltungsgerichtshof hat ein – m.E. – wegweisendes Urteil gesprochen.

Und zwar geht es um die langjährige Diskussion, ob eine Rechtspflicht zur Erhebung von Straßen(ausbau)beiträgen bestehe. Grundsätzlich ist wohl davon auszugehen, dass diese nicht besteht. So bestimmt beispielsweise § 111 Abs. 5 Satz 3 NKomVG, dass eine Rechtspflicht zur Erhebung von Straßenausbaubeiträgen und Beiträgen für öffentliche Spielplätze nicht besteht. Gleichzeitig hat das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht mit Urteil vom 27.03.2017 (9 LC 180/15) ausdrücklich die Verfassungsmäßigkeit der Straßenausbaubeiträge bestätigt.

Der Hessische Verwaltungsgerichtshof ist zur Überzeugung gelangt, dass sich dieses Recht in dem Falle eines defizitären Haushalts zu einer Pflicht wandelt.

 

Dem Urteil des hessischen Verwaltungsgerichtshofes liegt folgender Sachverhalt zugrunde (sehr kurzgefasst):

Die Kommunalaufsicht hat die defizitäre kreisangehörige Stadt aufgefordert, alle vertretbaren und gebotenen Möglichkeiten der Entgeltbeschaffung auszuschöpfen. In einem zweiten Schritt wollte die Kommunalaufsicht durch Erlass der entsprechenden Straßenausbaubeitragssatzung die Erhebung von Beiträgen bewirken. Die ka. Gemeinde sah sich in ihrem Recht auf kommunale Selbstverwaltung verletzt.

 

Der Verwaltungsgerichtshof sieht bei einer defizitären Haushaltslage faktisch eine Pflicht zum Erlass einer Straßenausbaubeitragssatzung, die auch im Rahmen einer Ersatzvornahme durchgesetzt werden kann.

Die wesentlichen Stichpunkte der Begründung

  • Es besteht eine grundsätzliche Verpflichtung zum Haushaltsausgleich.
  • Die Grundsätze der Einnahmebeschaffung sind keine bloße Zielvorgabe.
  • Die Pflicht, Abgaben zu erheben, umfasst auch die Straßenbeiträge.
  • Straßenbeiträge stellen eine Gegenleistung für besondere Vorteile dar.
  • Die defizitäre Haushaltslage führt zu einer Verpflichtung zum Erlass einer Straßenbeitragssatzung.
  • Die Einwände, es seien im Stadtgebiet straßenbeitragspflichtige Baumaßnahmen nicht geplant und Straßenausbaubeiträge führten nicht zum Haushaltsausgleich, dringen nicht durch.
  • Wenn die Kommune ihrer Pflicht zum Erlass einer Straßenausbaubeitragssatzung nicht nachkommt, ist eine kommunalaufsichtsrechtliche Anweisung zulässig. Diese kann auch im Rahmen einer kommunalen aufsichtsrechtlichen Ersatzvornahme erfolgen.

Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofes vom 12.01.2018 – 8 A 1485/13 –

Quelle: Die Gemeindekasse 2018/52

 

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