Vierter Abschnitt (§§ 153 bis 158)

NKomVG

Vierter Abschnitt
Prüfungswesen

§ 153 Rechnungsprüfungsamt

(1) Zur Durchführung der Rechnungsprüfung richten die Landkreise, die Region Hannover, die kreisfreien Städte, die großen selbständigen Städte und die selbständigen Gemeinden ein Rechnungsprüfungsamt ein; andere Gemeinden und Samtgemeinden können ein Rechnungsprüfungsamt einrichten, wenn ein Bedürfnis hierfür besteht und die Kosten in angemessenem Verhältnis zum Umfang der Verwaltung stehen.

(2) 1 Die Rechnungsprüfung kann ganz oder teilweise in den Formen kommunaler Zusammenarbeit nach dem Niedersächsischen Gesetz über die kommunale Zusammenarbeit erfolgen, wenn die ordnungsgemäße Erledigung der Rechnungsprüfung gesichert ist. 2 Hat eine Kommune die Aufgabe der Rechnungsprüfung vollständig übertragen, so braucht sie kein eigenes Rechnungsprüfungsamt einzurichten.

(3) Haben Gemeinden oder Samtgemeinden kein Rechnungsprüfungsamt und haben sie die Rechnungsprüfung nicht vollständig nach dem Niedersächsischen Gesetz über die kommunale Zusammenarbeit übertragen, so wird die Rechnungsprüfung vom Rechnungsprüfungsamt des Landkreises oder der Region Hannover auf Kosten der Gemeinde oder der Samtgemeinde durchgeführt.

§ 154 Unabhängigkeit des Rechnungsprüfungsamts

(1) 1 Das Rechnungsprüfungsamt der Kommune ist der Vertretung unmittelbar unterstellt und nur dieser verantwortlich. 2 Der Hauptausschuss hat das Recht, dem Rechnungsprüfungsamt Aufträge zur Prüfung der Verwaltung zu erteilen. 3 Das Rechnungsprüfungsamt ist bei der sachlichen Beurteilung der Prüfungsvorgänge unabhängig und insoweit an Weisungen nicht gebunden.

(2) 1 Die Vertretung beruft die Leiterin oder den Leiter und erforderlichenfalls die Prüferinnen und Prüfer des Rechnungsprüfungsamts und beruft sie ab. 2 Für die Berufung und Abberufung der Leiterin oder des Leiters des Rechnungsprüfungsamts ist die Mehrheit der Mitglieder der Vertretung erforderlich. 3 Die Abberufung bedarf der Zustimmung der Kommunalaufsichtsbehörde.

(3) Die Leiterin oder der Leiter des Rechnungsprüfungsamts darf nicht mit der Hauptverwaltungsbeamtin oder dem Hauptverwaltungsbeamten, der oder dem für das Finanzwesen zuständigen Beschäftigten und der Kassenleitung in einer der folgenden Beziehungen stehen:

  1. Verwandtschaft bis zum dritten Grad,
  2. Schwägerschaft bis zum zweiten Grad,
  3. Ehe oder Lebenspartnerschaft im Sinne des Lebenspartnerschaftsgesetzes.

(4) Die Leiterin oder der Leiter und die Prüferinnen und Prüfer des Rechnungsprüfungsamts dürfen eine andere Stellung in der Kommune nur innehaben, wenn dies mit den Aufgaben des Rechnungsprüfungsamts vereinbar ist und die Unabhängigkeit des Rechnungsprüfungsamts nicht beeinträchtigt wird.

(5) Die Leiterin oder der Leiter und die Prüferinnen und Prüfer des Rechnungsprüfungsamts dürfen Zahlungen durch die Kommune weder anordnen noch ausführen.

§ 155 Rechnungsprüfung

(1) Die Rechnungsprüfung umfasst

  1. die Prüfung des Jahresabschlusses,
  2. die Prüfung des konsolidierten Gesamtabschlusses,
  3. die laufende Prüfung der Kassenvorgänge und der Belege zur Vorbereitung des Jahresabschlusses,
  4. die dauernde Überwachung der Kassen der Kommune und ihrer Eigenbetriebe sowie die Vornahme der regelmäßigen und unvermuteten Kassenprüfungen, unbeschadet der Vorschriften über die Kassenaufsicht, und
  5. die Prüfung von Vergaben vor Auftragserteilung, einschließlich der Vergaben von Eigenbetrieben und kommunalen Stiftungen.

(2) Die Vertretung kann dem Rechnungsprüfungsamt weitere Aufgaben übertragen, insbesondere

  1. die Prüfung der Vorräte und Vermögensbestände,
  2. die Prüfung der Verwaltung auf Ordnungsmäßigkeit, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit,
  3. die Prüfung der Wirtschaftsführung der Eigenbetriebe und der kommunalen Stiftungen,
  4. die Prüfung der Betätigung der Kommune bei Unternehmen und Einrichtungen in einer Rechtsform des privaten Rechts, an denen die Kommune unmittelbar oder mittelbar beteiligt ist,
  5. die Kassen-, Buch- und Betriebsprüfung, soweit sich die Kommune eine solche Prüfung bei einer Beteiligung, bei der Gewährung eines Kredits oder sonst vorbehalten hat und
  6. die Prüfung der Abschlüsse der kommunalen Stiftungen nach § 135 Abs. 1 Satz 2 und der Abschlüsse der kommunalen Stiftungen, über die die Kommune die Aufsicht führt.

(3) Das Rechnungsprüfungsamt kann die Prüfung nach pflichtgemäßem Ermessen beschränken und auf die Vorlage einzelner Prüfungsunterlagen verzichten.

(4) Andere gesetzliche Bestimmungen über die Prüfungspflicht der Wirtschaftsbetriebe der öffentlichen Hand werden hierdurch nicht berührt.

§ 156 Jahresabschlussprüfung und Prüfung des konsolidierten Gesamtabschlusses

(1) Der Jahresabschluss ist dahingehend zu prüfen, ob

  1. der Haushaltsplan eingehalten worden ist,
  2. die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung eingehalten worden sind,
  3. bei den Erträgen und Aufwendungen sowie bei den Einzahlungen und Auszahlungen des kommunalen Geld- und Vermögensverkehrs nach den bestehenden Gesetzen und Vorschriften unter Beachtung der maßgebenden Verwaltungsgrundsätze und der gebotenen Wirtschaftlichkeit verfahren worden ist und
  4. sämtliche Vermögensgegenstände, Schulden, Rechnungsabgrenzungsposten, Erträge, Aufwendungen, Einzahlungen und Auszahlungen enthalten sind und der Jahresabschluss die tatsächliche Vermögens-, Ertrags- und Finanzlage darstellt.

(2) 1 Der konsolidierte Gesamtabschluss ist dahin zu prüfen, ob er nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung aufgestellt ist. 2 Bei der Prüfung des konsolidierten Gesamtabschlusses sind die Ergebnisse einer Prüfung nach den §§ 157 und 158 und vorhandene Jahresabschlussprüfungen zu berücksichtigen. 3 Das Rechnungsprüfungsamt kann mit der Durchführung der Prüfung des konsolidierten Gesamtabschlusses eine Wirtschaftsprüferin, einen Wirtschaftsprüfer, eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft oder andere Dritte beauftragen oder zulassen, dass die Beauftragung im Einvernehmen mit dem Rechnungsprüfungsamt unmittelbar durch die Kommune erfolgt.

(3) Das Rechnungsprüfungsamt hat seine Bemerkungen jeweils in einem Schlussbericht zusammenzufassen.

(4) 1 Der um die Stellungnahme der Hauptverwaltungsbeamtin oder des Hauptverwaltungsbeamten ergänzte Schlussbericht des Rechnungsprüfungsamts ist frühestens nach seiner Vorlage in der Vertretung (§ 129 Abs. 1 Satz 2) an sieben Tagen öffentlich auszulegen; die Auslegung ist öffentlich bekannt zu machen. 2 Dabei sind die Belange des Datenschutzes zu beachten. 3 Bekanntmachung und Auslegung können mit dem Verfahren nach § 129 Abs. 2 verbunden werden. 4 Die Kommune gibt Ausfertigungen des öffentlich ausgelegten und um die Stellungnahme der Hauptverwaltungsbeamtin oder des Hauptverwaltungsbeamten ergänzten Schlussberichts gegen Kostenerstattung ab.

§ 157 Jahresabschlussprüfung bei Eigenbetrieben

1 Die Jahresabschlussprüfung eines Eigenbetriebs erfolgt durch das für die Kommune zuständige Rechnungsprüfungsamt. 2 Es kann mit der Durchführung der Jahresabschlussprüfung eine Wirtschaftsprüferin, einen Wirtschaftsprüfer, eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft oder andere Dritte beauftragen oder zulassen, dass die Beauftragung im Einvernehmen mit dem Rechnungsprüfungsamt unmittelbar durch den Eigenbetrieb erfolgt. 3 Die Kosten der Jahresabschlussprüfung trägt der Eigenbetrieb.

§ 158 Jahresabschlussprüfung bei privatrechtlichen Unternehmen

(1) 1 Ist eine Kommune allein oder zusammen mit anderen Kommunen, einem Land oder dem Bund an einem rechtlich selbständigen, privatrechtlichen Unternehmen in dem in § 53 HGrG bezeichneten Umfang beteiligt, so hat sie dafür zu sorgen, dass in der Satzung oder im Gesellschaftsvertrag die Durchführung einer Jahresabschlussprüfung nach den Vorschriften über die Jahresabschlussprüfung bei Eigenbetrieben vorgeschrieben und ein zuständiges Rechnungsprüfungsamt bestimmt wird. 2 Die Kommune hat von dem Unternehmen zu verlangen, dass sie den Prüfungsbericht über den Jahresabschluss unverzüglich nach dessen Eingang erhält. 3 Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, wenn der Jahresabschluss aufgrund anderer Rechtsvorschriften zu prüfen ist. 4 In diesen Fällen hat die Kommune eine Abschlussprüferin oder einen Abschlussprüfer nach § 319 Abs. 1 Satz 1 HGB zu wählen und die Rechte nach § 53 HGrG auszuüben. 5 Die Kommune hat der Kommunalaufsichtsbehörde eine Ausfertigung eines nach Satz 2 oder 4 erhaltenen Prüfungsberichts zu übersenden, wenn der Bestätigungsvermerk der Abschlussprüferin oder des Abschlussprüfers Einschränkungen enthält oder der Vermerk versagt worden ist.

(2) Bei einer Beteiligung nach Absatz 1 Satz 1 hat die Kommune darauf hinzuwirken, dass den für sie zuständigen Prüfungseinrichtungen die in § 54 HGrG vorgesehenen Befugnisse eingeräumt werden.

(3) 1 Ist eine Kommune allein oder zusammen mit anderen Kommunen, einem Land oder dem Bund an einem rechtlich selbständigen, privatrechtlichen Unternehmen nicht in dem in § 53 HGrG bezeichneten Umfang beteiligt, so soll die Kommune, soweit ihr Interesse dies erfordert, darauf hinwirken, dass ihr in der Satzung oder im Gesellschaftsvertrag die Rechte nach § 53 Abs. 1 HGrG sowie ihr und den für sie zuständigen Prüfungseinrichtungen die Befugnisse nach § 54 HGrG eingeräumt werden. 2 Bei mittelbaren Beteiligungen gilt das nur, wenn die Kommune allein oder zusammen mit anderen Kommunen, einem Land oder dem Bund in dem in § 53 HGrG bezeichneten Umfang an einem Unternehmen beteiligt ist, dessen Anteil an einem anderen Unternehmen wiederum 25 Prozent aller Anteile übersteigt.

(4) 1 Soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist, kann die Kommune in den Fällen der Beteiligung nach Absatz 1 Satz 1 nach Anhörung des Rechnungsprüfungsamts beschließen, dass das Unternehmen abweichend von der Satzung oder dem Gesellschaftsvertrag auf bestimmte Zeit auf Jahresabschlussprüfungen verzichten kann, wenn

  1. der Betriebsumfang nach der Höhe der Bilanzsumme und des Umsatzes gering ist,
  2. die Verhältnisse des Unternehmens geordnet sind und
  3. die Betriebsführung des Unternehmens einfach und übersichtlich ist.

2 Dies gilt nicht für Unternehmen, die die Energieversorgung, einen Verkehrsbetrieb für den öffentlichen Verkehr oder einen Hafenbetrieb zum Gegenstand haben.